Im historischen Zentrum der berühmten Stadt Alberobello (Apulien) gibt es ca. 2000 Steinhäuser, sogenannte "Trulli". Diese Rundhäuser wurden 1996 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Durch eben diese Häuser wurde die Stadt in der ganzen Welt bekannt und dadurch zum beliebten Reiseziel.
Die berühmten Trulli sind jedoch nicht die einzige Attraktion von Alberobello. Im nördlichen Teil des historischen Zentrums befindet sich die "Basilica minor", eines der wichtigsten Monumente der Stadt. Dieses ist deren Schutzpatronen, den heiligen Ärzten Cosma und Damiano, gewidmet.
Der derzeitige Grundriss der Basilika stammt aus dem Jahr 1885 und ist das Werk des bekannten Architekten Antonio Curri. Ein wichtiges Element der Basilika wurde im Rahmen des ursprünglichen Projekts, das 1914 fertiggestellt wurde, nie realisiert: die majestätische Kuppel, die im Zentrum der Kirche in Form eines lateinischen Kreuzes geplant war. In der Symbolik ist die Kuppel ein grundlegendes Element, da sie den Himmel und das Universum repräsentiert und gleichzeitig der zentrale Bestandteil des religiösen Monuments ist.
Nach so vielen Jahren konnte die Kuppel endlich realisiert werden, nämlich durch ein technologisch äußerst fortschrittliches und innovatives Projekt, das von der Abteilung für Bauingenieurwissenschaften und Architektur (DICAR) des Politechnikums Bari entwickelt wurde. Dabei wurden die Vision und die Philosophie des Architekten Antoni Curri aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts berücksichtigt. Der Bau der Kuppel stellte sowohl eine technische als auch eine technologische Herausforderung dar, die die Beteiligung verschiedenster Experten aus unterschiedlichen Bereichen, wie z. B. Architektur, Ingenieurwesen und 3D-Vermessung und -Modellierung erforderlich machte.
Gianluca Fallacara, ein auf Hydrogeologie, Geotechnik und topografische Vermessungen spezialisierter Geologe mit mehrjähriger Erfahrung in der Photogrammetrie, wurde beauftragt, das Innere der Kirche, insbesondere das Oktogon (d. h. die Basis der Kuppel) und das Äußere, nämlich den Teil oberhalb des Oktogons, zu vermessen.
“Meine Aufgabe war es, Punktwolken des Innen- und Außenbereiches zu erstellen, um ein 3D-Modell zu schaffen, das von den Architekten für die verschiedenen Entwurfsphasen verwendet werden konnte. Für die Vermessung des äußeren Teils der Kirche, dort wo die Kuppel errichtet wird, verwendete ich Drohnenphotogrammetrie. Bei der Vermessung des Innenbereiches verließ ich mich allerdings auf den Leica BLK3D."
Ein auf einem 5 m langen Stab montierter BLK3D
Nachdem Fallacara die Vermessung der Spitze der Basilika mit einer Drohne abgeschlossen hatte, entschied er sich dafür, die Innenräume mit der Bildgruppenfunktion des Leica BLK3D zu vermessen.
Mit dieser Funktion kann der Anwender bis zu 500 Paare von stereografischen Bildern erfassen, die zur Berechnung von bildbasierten Punktwolken und Orthophotos herangezogen werden können. Diese Methode der Datenerfassung ist sehr effizient, da die mit dem BLK3D erfassten Bilder automatisch skaliert werden und die vertikale Achse durch die eingebauten Neigungssensoren des BLK3D festgelegt wird. Zudem entfällt die Notwendigkeit von Referenzmessungen vor Ort vollständig.
"Da ich nicht viel Zeit für die Vermessung zur Verfügung hatte, entschied ich mich dazu, den BLK3D zum Einsatz zu bringen, da ich keine Drohne für die Innenräume einsetzen durfte, aber dennoch eine Punktwolke und ein texturiertes 3D-Modell benötigte."
Das Hauptaugenmerk der Vermessung liegt auf dem Teil unterhalb der Kuppel, dem Octogon. Zunächst montierte Fallacara den BLK3D auf einem 5-Meter-Stab, um so nah wie möglich an das Octogon heranzukommen, während er den BLK3D mittels eines mit einem Hotspot verbundenen Tablets fernsteuerte.
Um den BLK3D weiter zu testen, beschloss Fallacara, eine vollständige Vermessung der Kirche und nicht nur die des Oktogons durchzuführen. Ohne sich zu sehr auf die photogrammetrische Vermessungstechnik konzentrieren zu müssen und ohne zu viel über Bildüberlappungen nachzudenken, erfasste er mit Hilfe der Bildgruppenfunktion 271 Paare stereografischer Bilder, die entlang der Gänge aufgenommen wurden. Im Oktogon der Kuppel verwendete er eine Bildüberlappung von etwa 70 %, um so ein gutes Mesh zu erhalten und die besten Ergebnisse zu erzielen.
Die Vermessung mit 271 Bildpaaren dauerte ca. 30 Minuten, ohne dass Zielmarken oder Referenzmessungen verwendet werden mussten.
Fernsteuerung des BLK3D mittels eines Tablets.
Sobald Fallarca im Büro angekommen war, importierte er den Ordner mit den 271 mit dem BLK3D aufgenommenen stereografischen Bildpaaren, auch als "Bildgruppe" bekannt, in die Photogrammetrie-Software "Agisoft Metashape", die er normalerweise zur Verarbeitung von Drohnenphotogrammetrie verwendet. Anschließend begann er mit der Bearbeitung der Bildgruppe, um die Punktwolke in besagtem Programm zu erzeugen.
“Die Punktwolke in ihrer Endform war außergewöhnlich und lag deutlich über den Erwartungen.
Vom Inneren der Kirche aus konnte ich keine Verbindung zum GPS-Signal herstellen, aber der BLK3D war über das Netzwerk mit einem "virtuellen" GPS-Punkt verbunden. Dadurch konnte Metashape die Bilder korrekt lokalisieren und das Innere der Kirche sowie das gesamte Octogon rekonstruieren.
Der BLK3D hat den Vorteil, dass während der Vermessung keine Zielmarken verwenden werden müssen, wie es z. B. bei einer Drohne der Fall ist. Zudem muss auch das 3D-Modell nicht korrigieren werden, da es bereits korrigiert und kalibriert ist. Das spart in der Vermessungs- und Bearbeitungsphase eine Menge Zeit.
Durch die Bearbeitung der BLK3D-Bildgruppe in Metashape erhielt ich das benötigte 3D-Modell, das in die von den Architekten gewünschten Formaten exportiert werden kann. Zum Beispiel kann das 3D-Netzmodell (obj-Modell) bzw. die Textur extrahiert oder das Orthofotomosaik des Oktogons mit einer hohen grafischen Auflösung erhalten werden. Anhand des Orthofotomosaiks konnte ich alle Dimensionen des Oktogons mit großer Präzision messen und überprüfen."
In der Photogrammetrie ist ein Orthofotomosaik ein aus mehreren Bildern berechnetes, geometrisch korrigiertes Bild, das wie ein maßstabsgetreuer Plan verwendet werden kann.
Orthofotomosaik des Oktogons
Zur weiteren Bestätigung der Dimensionen des Oktogons verglich Fallacara die Messungen, die mit der Reality-Capture-Funktion aus dem Orthofotomosaik und dem 3D-Bild erstellt wurden. Die Reality-Capture-Funktion des BLK3D ermöglicht es, in einem 3D-Bild unter Verwendung des Prinzips der Stereophotogrammetrie, direkt auf dem BLK3D-Bildschirm in Echtzeit zu messen.
„Ich habe ein 3D-Bild mit der BLK3D Reality Capture-Funktion aufgenommen, um es als Referenz zu verwenden. Ich habe das gleiche Ergebnis wie bei der Messung in der Punktwolke erhalten, perfekt kohärent."
Schließlich vereinte Fallacara die mit Metashape generierten Punktwolken des Innen- und Außenbereiches, um ein vollständiges 3D-Modell der Kirche zu erstellen.
“Ich habe mit zwei unabhängigen Projekten in Metashape gearbeitet. Dann habe ich die durch die photogrammetrische Vermessung per Drohne erhaltene Punktwolke mit derjenigen zusammengeführt, die mittels der vom BLK3D erfassten Bildgruppe erzielt wurde. Ich erhielt eine echte perfekte Überlappung."
3D-Außenmodell (Vermessung mit Drohne)
Anschließend stellte ich den Architekten alle technischen Daten zur Verfügung, sowohl das 3D-Modell als auch die Messdaten aus den Abmessungen des Oktogons. Die Architekten haben auf der Grundlage des mit der Bildgruppenfunktion des BLK3D erstellten 3D-Modells ein plastisches maßstabsgetreues Modell der Kuppel gebaut, das die perfekte Form des Oktogons aufweist. Zu jenem Zeitpunkt verfügten die Architekten über alle Informationen und Modelle, die für die Arbeit am endgültigen Bauprojekt der Kuppel erforderlich waren."
Dies ist eines der weltweit ersten dokumentierten Beispiele für den Einsatz des BLK3D in einem Projekt, das die Bereiche Architektur, Technik und virtuelle Realität miteinander verbindet.
In der Tat besteht die nächste Phase darin, das mit dem BLK3D erhaltene 3D-Modell zu verwenden, um eine Ausstellung mit Augmented Reality zu realisieren. Das Bauprojekt der Kuppel ist allerdings ein großes, anspruchsvolles und komplexes Werk, das erst in einigen Jahren vollkommen abgeschlossen sein wird. In der Zwischenzeit wird das 3D-Modell von Fallacara genutzt, um den Kirchenbesuchern ein einzigartiges Erlebnis zu bieten: Durch eine Spezialbrille kann der Besucher die Kuppel in ihrer endgültigen Ausführung "sehen" und vollständig in die Atmosphäre und die ursprüngliche Vision des späten neunzehnten Jahrhunderts eintauchen.
Der BLK3D wurde als Messgerät konzipiert, aber in Wirklichkeit ist er viel mehr als das”, unterstreicht Fallacara.
"Meiner Meinung nach bietet der BLK3D auf dem Markt eines der besten Kosten-Nutzen-Verhältnisse. Ich habe ein Ergebnis erzielt, das in der Photogrammetrie, unter den gleichen Bedingungen, mit anderen Instrumenten unmöglich zu erreichen gewesen wäre. Zudem sparte ich mit dem BLK3D nicht nur Zeit sondern optimierte auch die Nutzung des Computers und das Modell kann ich zu jedem beliebigen Zeitpunkt meinen Kunden zeigen".