Wissenschaftlerinnen der Harvard Graduate School of Design setzten den kompakten bildgebenden Laserscanner von Leica Geosystems ein, um erstmals einheimische Höhlenstrukturen zu digitalisieren.
Vor fast tausend Jahren siedelten sich die Pueblo-Indianer in einem Gebiet in New Mexico, in der Nähe der Ufer des Rio Grande, an. Dort fanden sie weichen vulkanischen Tuffstein vor, der sich hervorragend für den Bau von Behausungen, Lagerhäusern und Gemeinschaftsräumen in großen, über mehrere Kilometer verteilten Dörfern eignete. Diese in Stein gehauenen architektonischen Strukturen, auch "Behausungen" genannt, waren im Sommer kühl und wurden im Winter durch das östliche Licht erwärmt - ein Beispiel für natürliche und nachhaltige Architektur.
All diese Merkmale weckten das Interesse von Jialei Tang und Gracie Meek, zwei Studentinnen an der Harvard Graduate School of Design. Meek wegen ihrer Spezialisierung auf Landschaftsarchitektur und Tang wegen Ihres Fokusses auf Stadtplanung.
"Ich war schon immer neugierig darauf, was Dinge so miteinander verbindet. Daher wollte ich die verschiedenen Ansätze von Menschen bzw. Interessensgruppen und die Konstruktion unserer gebauten Umwelt analysieren, um daraus kulturelle und sozioökonomische Strukturen, die auf der daraus resultierenden Ästhetik, Funktionalität und Nutzung basieren, abzuleiten", erklärte Tang. "Und Stadtplanung ist eine Synthese aus all dem, denn es wird untersucht, wie Dinge gebaut, wie sie ausgeführt und wie sie erhalten werden."
Um die Einzigartigkeit dieser Strukturen verstehen zu können, mussten sie zur Ergänzung bereits vorliegender Fotos, Zeichnungen und anderer Studienmaterialien digitale Zwillinge der Höhlenwohnungen anfertigen. Also wandten sie sich an Leica Geosystems, um einen Leica BLK360 zu erhalten.
"Ich wusste schon immer, dass es im Bandelier ein Projekt geben wird", sagte Meek. "Ich wollte es zeichnen, scannen und ein Modell erstellen.
Für Tang hingegen war das Laserscannen dieser nationalen Stätte auch Teil der philosophischen Gespräche bezüglich Denkmalschutz.
"Das Erforschen des Bandelier National Monuments sollte dazu beitragen, herauszufinden, was diese Stätte heute so wertvoll macht und warum wir Ressourcen für deren Erhaltung aufwenden", erklärte sie Leica Geosystems. "Es galt auch herauszufinden, weshalb neue Technologien, wie das Laserscanning, getestet werden und wie die Ergebnisse dieser Tests zu umfangreicheren Bemühungen zur Erhaltung von Kultur und deren Zukunft beitragen.
"Denn etwas Virtuelles ist in gewisser Weise unsterblich, während Materialien schadhaft werden", fügte sie hinzu.
In der Wüste mit dem BLK360 und den vielen Touristen
Meek und Tang erhielten für ihr Projekt zwar eine Genehmigung der Ranger, die für die Sicherheit im Nationalpark sorgen, jedoch keinen freien privaten Zugang zu den Höhlenräumen. Daher mussten sie sich mit dem ständigen Zustrom von Touristen auseinandersetzen, die kamen, um diese indigenen Artifakte zu erkunden.
"Es gab viele Passanten, sodass unsere Scans, aufgrund der menschlichen Bewegungen, raupenartige Silhouetten aufwiesen", sagte Meek. "Aber die meisten Besucher, einschließlich der Ranger, waren von diesem Projekt fasziniert".
"Es überraschte uns aber auch ein wenig, wie vielen Menschen wir begegneten, die mit Laserscanning vertraut waren, was wiederum viele Gespräche zu diesem Thema auslöste", sagte Tang. "Wir erwähnten dann auch, dass wir mit einem Gerät von Leica Geosystems sowie einer dazugehörenden App arbeiten würden" und sie waren alle beeindruckt, wie praktisch und einfach der gesamte Scanprozess ablief."
Die Forscherinnen begannen mit dem Scannen des "Longhouse", einer ca. 250 m langen Canyonwand, in der sich Ruinen von mehrstöckigen Höhlenwohnungen befanden. Es dauerte ca. 3 Tage, um die gesamte Struktur zu scannen, wobei erwähnt sei, dass Set-ups alle 3 bis 5 Meter sowie gelegentliche Gewitter die Scandauer beeinflussten.
"Wir rechneten ja nicht mit Verzögerungen durch Gewitter, da noch keine Monsunzeit war", erklärte Meek. "Und doch mussten wir uns mit Wolken übersätem Himmel arrangieren und darauf hoffen, dass es nicht zu stark und zu oft regnete."
Sehr zu unserer Freude und die der Parkranger regnete es nur selten.
"Jeden Tag, nach dem Scannen oder auch mal während der Mittagspause, kamen wir zurück und zeigten den Rangern, was wir so alles mit der App anfertigen konnten, denn sie waren ganz erpicht darauf, die Ergebnisse unserer Scans zu sehen", sagte Meek.
Erfassung der wichtigsten Klippenbehausungen der Pueblo-Indianer
Nach dem Scannen des "Langhauses" begannen Tang und Meek mit dem Scannen der größten Klippenbehausungen der Pueblo-Indianer. Es handelte sich dabei um ein viel komplizierteres Projekt mit einigen entmutigenden Ecken und Winkeln.
"Die wichtigsten Klippenwohnungen waren wegen der Treppen und Felsspitzen überall komplizierter zu handhaben", sagte Meek.
Dies erforderte eine gewisse Kreativität bei der Planung der Aufnahmen, denn das Scannen musste schnell vorangehen.
"Da wir in einige Höhlen hineinkriechen mussten, war es erforderlich, das Stativ dann auf kleinster Stufe einzustellen. Es war von großem Vorteil, dass wir das Stativ so niedrig halten konnten, denn die Höhlen waren lediglich etwa 1 bis 1,5 Meter hoch", erklärte sie. "Wir legten also das Telefon unter das Stativ, drückten auf den Scan-Knopf, krochen wieder nach draußen und setzten uns auf eine Leiter, um darauf zu warten, dass der Scanprozess endete."
"Es war ein einziges Abenteuer!", sagte Tang.
Das Team war sich darüber einig, dass die Leica Cyclone FIELD 360 App ein unverzichtbarer Bestandteil der Laserscanning-Erfahrung war.
"Die Feld-App war einfach zu erlernen und sehr benutzerfreundlich", fügte Meek hinzu. "Die Punktwolken haben sich wie Magnete aneinander angepinnt, wobei jeder neue Scan sich automatisch an den Vorherigen andockte. Wir waren begeistert, wie unglaublich einfach und reibungslos der Datenerfassungsprozess mit einem so präzisen Instrument vonstattenging."
Eine multimediale Erkundungsreise
Das Laserscanning ist jedoch nur ein wichtiger Teil dieses Forschungsprojektes. Um das Ausmaß genannter Stätte wirklich zu erfassen, wurde diese unter verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, unter anderem auch mithilfe einer Vielzahl von traditionellen Methoden.
"Es wurden viele Aufnahmen gemacht: Polaroids, 35-mm-Experimentalfilme, Panorama-, Digital- und Wärmebilder", erklärte Tang. "Der Vergleich von Film, Laserscans und digitaler Fotografie hat echt Spaß gemacht. Es gelang uns, einige der unterschiedlichen Sensibilitäten dieser Stätte einzufangen."
Die Wissenschaftlerinnen erwähnten auch, dass sie erstaunt waren über die einzigartigen Perspektiven auf geologische und architektonische Formen, die die Laserscans zeigten. Das Ganze wurde durch die von HxDR entwickelte App "Reality Cloud Studio" unterstützt, in welche die Daten hochgeladen wurden, um so einige virtuelle Touren zu erstellen.
"Die Rückseite der Felsoberfläche und die Höhlenausbuchtungen zu sehen, war aufregend, weil wir zum ersten Mal den Negativraum des Felsens erleben konnten", sagte Meek. "Dieser Scanner bietet Zugang zu einer neuen Interpretation des Ruinensystems."
"Wir haben mit der App "Reality Cloud Studio" eine Tour durch eine der Höhlen gefilmt. Es war eine wahre Herausforderung, das Höhlensystem in einer einzigen fließenden Bewegung zu erleben, da man über Felsen klettern und sich unter niedrige Decken kauern musste", fährt sie fort. "Dieser ganzheitliche Rundgang ermöglichte es, die ausgewählte Höhle anders und viel klarer zu sehen."
Als Nächstes arbeiteten Tang und Meek an Ausstellungsvorschlägen für Harvard und Cornell mit dem Ziel, bis Herbst 2023 eine Multimediagalerie zu erstellen. Ihre Aufgabe bestand darin, nicht nur die Höhlenstrukturen und die aus diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse darzustellen, sondern auch eine praktische Vorführung der Punktwolke und der 3D-Druckmodelle desjenigen Bereichs zu geben, der aus den Netzen generiert wurde, die sie aus den von ihnen angefertigten Scans erhalten und mit der Leica Cyclone 3DR App weiterverarbeitet haben.
Auch die Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung waren von den Druckmodellen fasziniert.
"Als wir mit den Rangern von Bandelier sprachen, baten sie uns, ein solches Modell auch für ihr Besucherzentrum anzufertigen, weil dieses den Besuchern eine neuartige und umfassende Perspektive auf das gesamte Klippenwohnsystem bieten konnte", so Meek. "Wir waren von dieser Idee echt begeistert."